Studie: Postakutes Entzugssyndrom (PAWS) nach dem Absetzen von Antidepressiva (Rennwald, Hengartner, 2025)
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Studie: Postakutes Entzugssyndrom (PAWS) nach dem Absetzen von Antidepressiva (Rennwald, Hengartner, 2025)
Postakutes Entzugssyndrom (PAWS) nach dem Absetzen von Antidepressiva: eine systematische Überprüfung mit meta-narrativer Synthese
(Rennwald, Hengartner, 2025)
Link zur Studie
In dieser Studie untersuchten die Forscher Andri Rennwald und Michael P. Hengartner die vorhandene Literatur zum Postakuten Antidepressiva-Entzugssyndrom (Post-acute withdrawal syndrome - PAWS). Als PAWS wird ein Entzugssyndrom bezeichnet, das nach dem Absetzen auftreten und über Wochen, Monate oder Jahre anhalten kann.
Teilübersetzung:
Abstrakt
Ziele
Die Literatur über anhaltende Antidepressiva-Entzugssymptome ist spärlich. Diese systematische Übersichtsarbeit ist die erste, die Häufigkeit, Dauer, Schweregrad, Risiko-/Schutzfaktoren und Behandlungsstrategien für das postakute Entzugssyndrom (PAWS) nach dem Absetzen von Antidepressiva untersucht.
Methoden
Wir durchsuchten PubMed, Web of Science und PsycInfo, wobei wir uns auf Antidepressiva der neueren Generation konzentrierten. Die elektronische Datenbanksuche wurde durch eine Durchsicht der Referenzlisten von Zulassungsstudien ergänzt. Wir schlossen Originalstudien mit Erwachsenen ein, die über PAWS berichteten und Daten zur Epidemiologie und zum klinischen Umgang mit Entzugssymptomen lieferten, die mindestens 6 Wochen lang anhalten.
Ergebnisse
Die Literaturrecherche führte zu 1286 Ergebnissen, wobei 26 Datensätze auf ihre Eignung geprüft wurden und sieben Studien unsere Auswahlkriterien erfüllten. Die Häufigkeitsdaten waren spärlich, wobei eine kleine Kohortenstudie eine Häufigkeit von 15 % für PAWS bei Patienten mit Panikstörung und Agoraphobie angab. Die Dauer des PAWS variierte in den Studien erheblich und reichte von 1,5 bis 166 Monaten. Die Langzeiteinnahme von Paroxetin erwies sich als potenzieller Risikofaktor für die Entwicklung von PAWS. Es gab keine zuverlässigen Belege für die Wirksamkeit verschiedener Behandlungsstrategien, einschließlich der Wiedereinnahme von Antidepressiva, des Einsatzes von Benzodiazepinen und der Durchführung einer kognitiven Verhaltenstherapie.
Schlussfolgerungen
Die derzeitige Studienlage zu PAWS ist spärlich und überwiegend von geringer Aussagekraft. Das Vorhandensein von Entzugssymptomen, die bei manchen Patienten mehrere Monate und möglicherweise sogar Jahre andauern, unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Forschung mit strenger Methodik. Große prospektive Kohortenstudien sind erforderlich, um die Häufigkeit von PAWS zu ermitteln, während randomisierte kontrollierte Studien erforderlich sind, um die Wirksamkeit von Behandlungsmaßnahmen für PAWS zu überprüfen.
Schlussfolgerung
Diese systematische Übersichtsarbeit mit meta-narrativer Synthese verdeutlicht den Mangel an qualitativ hochwertiger Forschung zu PAWS, d. h. zu anhaltenden postakuten (langwierigen) Entzugssymptomen nach dem Absetzen von Antidepressiva. Die derzeitige Evidenz zu PAWS ist nach wie vor sehr begrenzt und unzuverlässig, da sie überwiegend aus einigen wenigen Fallberichten und Analysen von Selbstauskünften stammt, die im Internet von hilfesuchenden Personen gepostet wurden, die sich selbst mit schweren Antidepressiva-Entzugssyndromen identifizieren.
Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Literatur und unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse einer kleinen, aber strengen Kohortenstudie (Fava et al., Referenz Fava, Bernardi, Tomba und Rafanelli 2007) und der Ergebnisse einer großen RCT (Lewis et al., Lewis, Marston, Duffy, Freemantle, Gilbody, Hunter, Kendrick, Kessler, Mangin, King, Lanham, Moore, Nazareth, Wiles, Bacon, Bird, Brabyn, Burns, Clarke, Hunt, Pervin und Lewis 2021), können wir lediglich feststellen, dass es sehr wohl anhaltende Entzugssymptome bei Antidepressiva gibt.
Anhand dieser Daten können wir jedoch nicht genau abschätzen, wie verbreitet, anhaltend und beeinträchtigend PAWS ist. Wir wissen auch nicht, bei welchen Anwendern von Antidepressiva ein erhöhtes Risiko für PAWS besteht und wie Patienten mit PAWS wirksam behandelt werden. Das wichtigste Ergebnis unserer Übersichtsarbeit spiegelt somit die geringe Anerkennung und unzureichende Berücksichtigung von PAWS sowohl in der klinischen Forschung als auch in der Praxis wider (Cosci et al., Referenz Cosci, Chouinard und Chouinard 2024; Fava und Belaise, Referenz Fava und Belaise 2018; Horowitz und Davies, Referenz Horowitz und Davies 2025; Read et al., Referenz Read, Moncrieff und Horowitz 2023). Um unser Wissen über die Epidemiologie und das klinische Management von PAWS zu erweitern, fordern wir eine weitere Erforschung und Überprüfung durch strenge Kohortenstudien und RCTs.
Quellenangabe: Rennwald A, Hengartner MP. Post-acute withdrawal syndrome (PAWS) after stopping antidepressants: a systematic review with meta-narrative synthesis. Epidemiology and Psychiatric Sciences. 2025;34:e29. doi:10.1017/S204579602500023X
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