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FAQ: Häufige Missverständnisse rund um den Entzug

Informationen zu Absetzsymptomen, Grundlagen zum risikominimierenden Absetzen und Informationen über Methoden zum Absetzen
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Team PsyAb
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FAQ: Häufige Missverständnisse rund um den Entzug

Nachfolgend einige der häufigsten Fehlannahmen, die auf Missverständnissen, Fehleinschätzungen oder Halbwahrheiten rund um den Entzug beruhen:

- "Absetzsymptome sind psychisch bedingt. Sie entstehen durch die negative Erwartungshaltung."
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Absetzsymptome sind neurophysiologisch, also körperlich bedingt. Sie sind die Folge des Wegfalls des Wirkstoffes, an den das Zentralnervensystem sich angepasst hat. Mehr Informationen: Absetzsymptome und ihre Entstehung
Viele der von Absetzsymptomen Betroffenen hatten zuvor keine Kenntnisse darüber, dass das Absetzen solche Symptome hervorrufen kann.
- "Sobald das Psychopharmakon vom Körper abgebaut/ausgeschieden ist, gibt es keine Absetzsymptome mehr."
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Das ist ein Missverständnis. Das Gehirn verändert sich unter der Einnahme eines Psychopharmakons, es passt sich an die Zufuhr dieser Substanz an. Diese Veränderungen müssen nach dem Absetzen erst wieder "zurückgebaut" werden. Diese Vorgänge verursachen dann vermutlich die Absetzsymptome.
Mehr Informationen: Therapeutisch wirksame Dosis vs. Absetzsymptome verursachende Dosis
- "Langsames Ausschleichen verlängert nur die Einnahmezeit und ist daher schädlich."
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Psychopharmaka haben natürlich auch potentiell schädliche Nebenwirkungen. Daraus zu schließen, dass bei Absetzsymptomen das Psychopharmakon selbst das Problem ist und es deshalb besser ist schnell oder kalt zu entziehen ist ein weitverbreiteter Irrglaube (Ausnahme sind natürlich lebensbedrohliche oder stark gesundheitsschädigende Nebenwirkungen). Nicht die Substanz selbst macht die Probleme beim Absetzen, sondern die Gewöhnung des Zentralnervensystems an die Substanz. Entzieht man zu schnell, dann kann es zu starken und leider manchmal auch langanhaltenden Absetzsymptomen kommen.
Mehr Informationen: Absetzsymptome und ihre Entstehung und "Ausschleichen von SSRI zur Minimierung von Entzugssymptomen" (Horowitz et. al.)
- "Kleine Dosen haben keine Wirkung und können weggelassen werden."
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Auch wenn eine Dosis keine "therapeutische" Wirkung mehr hat, sind ihre Auswirkungen auf das Gehirn dennoch erheblich. Das zeigt sich auch deutlich in den Grafiken der Rezeptoren / Botenstoff-Transporter-Belegung bei der Einnahme von Antidepressiva und Neuroleptika. Es ist sogar so, dass gerade im unteren Dosisbereich die Belegung noch überproportional hoch ist. Daher sind im unteren Dosisbereich kleinschrittige Reduktionen besonders wichtig.
Mehr Informationen: Therapeutisch wirksame Dosis vs. Absetzsymptome verursachende Dosis und Graduelle Reduktion
- "Nach einem Kaltentzug geht es einem kurz schlecht, dann aber bald besser."
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Diese Vorstellung ist oft nicht zutreffend. Ein Kaltentzug kann zu sehr schweren und lang anhaltenden Symptomen führen bis hin zu Bettlägerigkeit und Suizidalität. Es kann ein protrahiertes (nachgelagertes) Entzugssyndrom entstehen, für das es bisher keine Behandlung gibt. Abgesehen von lebensbedrohlichen Nebenwirkungen ist daher von einem Kaltentzug dringend abzuraten!
- "Das "Gift" muss raus, damit der Körper heilen kann."
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Das Zentralnervensystem passt sich funktionell und strukturell an das eingenommene Medikament an. Wird diese Substanz nicht mehr zugeführt, kann es zu Absetzsymptomen kommen. Für den Heilungsprozess von Absetzsymptomen ist es erforderlich, dass das Gehirn die erfolgten Veränderungen rückgängig macht. Dies geschieht bereits während des Ausschleichens. Langsames Ausschleichen gibt dem ZNS die Zeit, diese Anpassungsprozesse in seinem eigenen Tempo zu erledigen. Der endgültige Heilungsprozess findet dann statt, wenn das Medikament ausgeschlichen wurde.
Weitere Informationen: Absetzsymptome und ihre Entstehung
- "Schlimmer als jetzt kann es nicht mehr werden."
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"Schlimmer geht immer"! Auch wenn man das Gefühl hat, schlimmer als aktuell könne es einem nicht gehen und dass man daher das Psychopharmakon am besten weglässt, so ist das häufig eine Fehleinschätzung. Durch abruptes oder schnelles Weglassen kann sich die Symptomatik weiter verschlimmern und dieser Zustand kann sehr lange anhalten.
- "Ich vertrage das Psychopharmakon nicht mehr, also lasse ich es besser (zügig) weg."
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Während des Entzugs lassen sich Nebenwirkungen nur sehr schwer von Absetzsymptomen unterscheiden. So gut wie alle Nebenwirkungen können auch als Absetzsymptom auftreten. Durch zügiges oder gar abruptes Absetzen werden Absetzsymptome verstärkt und es kann sich ein protrahiertes (nachgelagertes) Entzugssyndrom entwickeln.
Nur bei sehr schwerwiegenden / lebensbedrohliche Nebenwirkungen ist nach Anweisung des Arztes ein schnelles/abruptes Absetzen erforderlich.
- "Ich habe das Medikament schon mehrmals problemlos weggelassen, also wird es auch dieses mal gut gehen."
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Je öfters man ein Psychopharmakon entzieht, umso mehr kann das Zentralnervensystem sensibilisiert werden. Das bedeutet, dass das Risiko für Entzugssymptome/ schwere Entzugsverläufe ansteigen kann.
Dieses Phänomen nennt sich "Kindling Effekt". Für Benzodiazepine ist dieser Effekt nachgewiesen, er tritt aber auch bei anderen Substanzgruppen auf.
Daher kann man nicht davon ausgehen, dass ein wiederholter schneller Entzug jedes mal gut klappt.
Infos: Lexikoneintrag Kindling Effekt
- "Das Psychopharmakon, das ich einnehme, macht keine Absetzsymptome und kann problemlos weggelassen werden."
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Alle Psychopharmaka wirken auf das ZNS ein und können beim Absetzen Absetzsymptome hervorrufen. Es ist individuell unterschiedlich, ob man beim Entzug eines Medikaments mehr oder weniger Absetzsymptome entwickelt. Zudem ist es auch möglich, dass ein Medikament, das früher einmal leicht abzusetzen war, zu einem späteren Zeitpunkt sehr schwierig abzusetzen ist.
- "Das Psychopharmakon hat bei mir nie gewirkt, also kann ich es problemlos weglassen."
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Auch wenn ein Psychopharmakon keine therapeutische Wirkung hat, so passt sich das Zentralnervensystem dennoch an die Zufuhr der Substanz an. Diese Anpassung führt zu funktionellen und strukturellen Veränderungen. Der Wegfall des Medikamentes kann daher auch dann Absetzsymptome auslösen, wenn das Medikament nie die eigentlich beabsichtigte Wirkung gezeigt hat.
Nur weil der erwünschte antidepressive Effekt von Antidepressiva weitestgehend auf einen Placebo-Effekt zurückzuführen ist, bedeutet das leider nicht, dass beispielsweise Antidepressiva gar keine Auswirkung auf das Nervensystem haben.
Weitere Informationen: Absetzsymptome und ihre Entstehung und "Der Placeboeffekt in der antidepressiven Behandlung" (Kirsch)
- "Sollte ich nach dem Weglassen des Psychopharmakon doch Entzugssymptome bekommen, kann ich ja wieder eindosieren."
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Es gibt keine Garantie dafür, dass das funktioniert. Es kommt vor, dass nach der Wiedereindosierung ein Medikament nicht mehr vertragen wird. Auch ist nicht gesagt, dass eine Wiedereindosierung wirklich "greift" und zu einer Linderung bzw. Beseitigung der Absetzsymptome führt.
Das Absetzen und Wiedereindosieren führt zudem zu einer weiteren Sensibilisierung bzw. Irritation des Zentralnervensystems, was sich ungünstig auf den weiteren Absetzverlauf auswirken kann. Experimenten mit "einfach mal weglassen" sind daher meist kontraproduktiv.
-" Nach einer Einnahmezeit von über 10 Jahren ist ein Entzug nicht mehr möglich."
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Es gibt durchaus Menschen, die nach jahrzehntelanger Psychopharmakaeinnahme erfolgreich entzogen haben. Entzugsverläufe sind immer individuell unterschiedlich, die Einnahmedauer kann ein Einflussfaktor unter vielen sein.
Bei einer sehr langen Einnahmedauer ist es möglicherweise besonders wichtig sehr kleinschrittig vorzugehen und gut auf den eigenen Körper zu hören.
- "Die meisten Menschen können Psychopharmaka problemlos rasch absetzen. Nur wenige leiden unter Absetzsymptomen."
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Wissenschaftler, wie zB die Autoren der Patienteninformation des RC Psych gehen davon aus, dass ca. 30-50% unter Absetzsymptomen leiden. Diese Problematik ist leider weitaus weiter verbreitet, als oft angenommen wird.
Weitere Informationen: Patienteninformation "Antidepressiva absetzen" (RC Psych)
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Team PsyAb für den Beitrag (Insgesamt 3):
Rike72w, Luthien, Enja
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