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Wellen und Fenster während des Absetzens und im Entzug

Hinweise, Anregungen und Erklärungsmodelle zum besseren Umgang mit dem Entzug
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Wellen und Fenster während des Absetzens und im Entzug

Oft ist der Verlauf des Absetzens und auch später der Entzug von Psychopharmaka von einem wellenförmigen Auftreten der Absetzsymptome geprägt.
Phasen mit Absetzsymptomen werden dabei "Wellen" genannt.
Phasen, in denen die Absetzsymptome gemildert sind oder völlig verschwinden, werden "Fenster" genannt.


Verschiedene Muster

Bei manchen Betroffenen treten die Wellen und Fenster zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlicher Dauer sowie Intensität auf, ohne dabei eine Regelmäßigkeit aufzuweisen. Andere Betroffene können mit der Zeit ein gewisses Muster erkennen, das sich bei der Abwechslung von Wellen und Fenstern zu wiederholen scheint (beispielsweise treten Absetzsymptome dann immer für eine gewisse Zeitspanne und zu bestimmten Zeitpunkten nach einem Reduktionsschritt auf).
Diese Muster der Wellen und Fenster sind individuell unterschiedlich, können bei vielen Betroffenen aber durchaus ähnlich aussehen. Viele Betroffene lernen ihr eigenes Muster mit der Zeit kennen und wissen dann manchmal bereits im Vorhinein, wann Symptomwellen verstärkt auftreten könnten.

Bei manchen Betroffenen werden die Absetzsymptome graduell immer weniger, bis sie ganz verschwunden sind. Doch die Erfahrung zeigt, dass die meisten Betroffenen einen wellenförmigen Verlauf von Absetzsymptomen erleben. Bei anderen enden die Absetzsymptome wiederum sehr plötzlich und verschwinden von einem Tag auf den anderen gänzlich.

Manche erleben auch, dass sich eine Symptomwelle bereits frühzeitig ankündigt. Dann bemerkt man oft gewisse "Alarmzeichen", bevor dann die Welle mit all den bekannten Symptomen einsetzt.
Welche Symptome während einer Welle auftreten variiert stark. Oft ändert sich das auch bei Betroffenen im Laufe des Absetzens bzw. des Entzugs. Symptome, die zunächst stark vertreten waren, nehmen ab, dafür treten neue auf.

Das eigene Wellen-Fenster-Muster zu kennen ist auch hilfreich, um sich auf bevorstehende Wellen vorbereiten zu können. Wenn du z.B. die Erfahrung gemacht hast, dass meistens ca. 5 Tage nach der letzten Reduktion eine Welle auftritt, kannst du wichtige Termine oder belastenden Unternehmungen in dieser Zeit vermeiden, um dir viel Ruhe während der Welle gönnen zu können.


"Entzug-Normal" Zustand und Wellen

Werden die Absetzsymptome wellenförmig erlebt, dann klingen sie üblicherweise nach einer solchen "Welle" wieder ab und es zeigen sich Fenster. Doch auch diese Fenster sind nicht immer von kompletter Symptomfreiheit geprägt. Oft hält sich ein gewisses "Grundrauschen" von Symptomen. Während diese in einer Welle sehr stark ausgeprägt sind (oder auch ganz andere Symptome hinzukommen), sind die Symptome im "Entzug-Normal" Zustand so, wie man sie dauerhaft gewöhnt ist.
Der Zustand "Entzug-Normal" muss nicht immer bedeuten, dass man sich ausgezeichnet fühlt. Er zeigt sich vor allem in einer Stabilität jener Symptome, die einen über längere Strecken des Absetzens und des Entzugs begleiten.

Dieser "Entzug-Normal" Zustand ist von Person zu Person sehr unterschiedlich und kann sich im Verlauf auch verändern. Für Betroffene, die während des gesamten Entzugsverlaufes ein gewisses Ausmaß an Symptomen haben, ist es wichtig ihren "Entzug-Normal" Zustand zu kennen und diese Dauersymptome von den akuten Absetzsymptomen zu unterscheiden lernen.
Für diese Personen bedeutet Stabilität zwischen den Reduktionen, dass die für sie typischen Symptome in einem gewohnten Ausmaß auftreten. Ist man in dem eigenen "Entzug Normal Zustand", und sind die Symptome im erträglichen Rahmen, kann man dann dennoch behutsam weiter reduzieren.


Wellen und Fenster nach dem Absetzen

Bei manchen Betroffenen hält das Wellen-Fenster-Muster auch nach dem Absetzen (also wenn sie das Psychopharmakon bereits komplett abgesetzt haben) noch an. Häufig wird die Ausprägung der Wellen dann immer schwächer, bis sie irgendwann gänzlich verschwinden.

Bei vielen Betroffenen tritt ungefähr 10 Monate nach dem Absetzen eine letzte (manchmal heftige) Symptomwelle auf. Häufig ist der Entzug danach dann ausgestanden.

Dabei macht es meistens einen Unterschied, ob man die Psychopharmaka schnell bzw. kalt absetzt oder langsam ausschleicht.
Setzt man sich einem zu schnellen Entzug oder Kaltentzug (das ist das Weglassen der Psychopharmaka von heute auf morgen) aus, dann halten die Symptomwellen bei vielen Betroffenen noch wesentlich länger an, als wenn man langsam, schrittweise und risikominimierend absetzt. Manchmal entwickeln Betroffene dann ein sogenanntes "protrahiertes Entzugssyndrom". Das bedeutet, dass der Entzug und seine Symptome auch noch nach dem Absetzen länger anhalten. Manchmal schlägt der protrahierte Entzug auch erst Wochen oder Monate nach dem Absetzen zu. Ein protrahiertes Entzugssyndrom kann leider eine sehr langwierige Sache sein. Es hält manchmal noch Monate bis hin zu Jahren an.

Oft besteht der Irrglaube, dass der Entzug ausgestanden ist, wenn das Medikament nicht mehr nachweislich im Körper ist. Das ist jedoch nicht der Fall. Durch die Einnahme von Psychopharmaka, die das Botenstoffsystem des Körpers beeinflussen, muss das Zentralnervensystem (ZNS) einige Anpassungen vornehmen. Wird dann das Medikament abgesetzt oder reduziert, müssen diese Anpassungen wieder zurückgenommen werden. Diese Vorgänge dauern meistens viel länger an, als das Medikament noch im Körper nachweisbar ist. Deswegen ist der Entzug oft nicht nach dem kompletten Absetzen schon erledigt.
Wird das Psychopharmakon langsam und schrittweise reduziert und ausreichend lange Pausen zwischen den Reduktionen eingehalten, dann kann das ZNS bereits nach jeder Reduktion gewisse Anpassungen vornehmen. Wird das Psychopharmakon hingegen schnell oder gar plötzlich abgesetzt, dann müssen all diese Anpassungen erst nach dem Absetzen quasi "nachgeholt" werden. Deshalb halten die Symptomwellen nach einem zu raschen Entzug oder Kaltentzug meistens noch länger an.


Umgang mit Wellen und Fenstern

Diese Abwechslung zwischen Phasen mit starken Absetzsymptomen und "Erholungsphasen", während derer es einem besser zu gehen scheint, können besonders frustrierend sein. Denn man fühlt sich oft im Heilungsprozess "zurückgeworfen", wenn nach einem längeren Fenster wieder eine Welle auftritt.

Vielen Betroffenen hilft dabei ein Symptomtagebuch. So kann man sich täglich notieren, welche Symptome in welcher Intensität auftreten. Das hilft besonders als Gedächtnisstütze, wenn man den Eindruck hat, dass der gesamte Absetzverlauf nur von Wellen gekennzeichnet ist. Denn meist erinnert man sich während einer akuten Welle schwieriger an die Empfindungen während eines Fensters. Die eigene Erinnerung spielt einem dabei oft einen Streich, da man sich an negative Erlebnisse häufig stärker und lebhafter erinnern kann, als an positive.

Da man das Auftreten von Wellen und Fenstern nicht wirklich beeinflussen kann, ist es meist am besten, man nützt die Fenster, um möglichst viel Kraft zu sammeln und positive Energie zu gewinnen. So lassen sich die Wellen dann meist etwas leichter durchstehen.

In unserer Skillliste findest du viele Tipps zur Linderung von Absetzsymptomen während einer Welle.
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